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Frankreich will Titandioxid für Lebensmittel verbieten

Im April 2019 kündigte die Gesundheitsbehörde Frankreichs an, Titandioxid ab dem 01.01.2020 als Lebensmittelzusatzstoff zu verbieten. Zur Begründung hieß es, der weiße Farbstoff enthalte Nanopartikel und seine Sicherheit sei daher fraglich. Warum die EFSA das anders sieht, was Verbraucherinnen und Verbraucher wissen sollten, ob das Verbot auch für Zahnpasta gelten soll und was diese Entscheidung für die Lebensmittelhersteller in Frankreich und Europa bedeuten könnte, erläutern wir Ihnen hier.
Die französische Gesundheitsbehörde (ANSES) sieht nicht genügend Daten vorliegen, um die Zweifel auszuräumen, die sie
an der Sicherheit von E 171 hat. Die Behörde wertete im Jahr 2017 eine Reihe von neueren Studien aus, die sich mit den möglichen
Wirkungen von Titandioxid bei Aufnahme über den Mund (orale Aufnahme) auseinandersetzten.
Tatsächlich hatten Untersuchungen Hinweis auf Zellveränderungen bei Mäusen, Abweichungen in der Entwicklung von wirbellosen
Tieren gezeigt sowie im in-vitro-Versuch gentoxische Effekte durch oxidativen Stress. In einer dieser Untersuchungen waren Ratten über
längere Zeit regelmäßig mit Titandioxid-Pulver gefüttert worden. Dabei hatten sich Hinweise auf eine krebserregende
Wirkung im Darm gezeigt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) sah sich die neuen Erkenntnisse daraufhin
ebenfalls gründlich an, kam jedoch zu dem Ergebnis,
dass sie nicht ausreichten, um Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff neu bewerten zu müssen.
Im Jahr 2019 kam die französische Gesundheitsbehörde nun zu dem Schluss, dass der Stand der Erkenntnisse ihr noch immer nicht
ausreichten, um Zweifel auszuräumen. Insbesondere sah sie die These, Titandioxid-Nanopartikel könnten krebserregend sein, nicht
wirksam widerlegt. Daher entschied sie sich, den Zusatzstoff für Frankreich zu verbieten, um nach eigenen Angaben, um Arbeitnehmer,
Verbraucher und Umwelt dem Risiko so wenig wie möglich auszusetzen.
Ob und wofür ein Lebensmittelzusatzstoff eingesetzt werden darf, ist für die gesamte Europäische Union einheitlich
geregelt. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet, ob die fraglichen Substanzen für den
Einsatz in Lebensmitteln sicher sind und legt ggf. die Bedingungen für die Zulassung fest. Diese Zulassung gilt dann für alle
Staaten der Europäischen Union. Wenn ein Mitgliedstaat der Auffassung ist, dass Lebensmittel mit so einem Zusatzstoff ein
„ernstes Risiko für die Gesundheit“ darstelle (Art. 53 Abs. 1 der VO (EG) 178/2002), die Europäische Kommission aber
nicht entsprechend handele, kann dieser Staat auch im Alleingang eine „vorläufige Schutzmaßnahme“ (Art. 54 der VO
(EG) 178/2002) erlassen. Das hat Frankreich nun für Titandioxid E 171 getan.
Nachdem Frankreich die EU-Kommission von dieser Entscheidung in Kenntnis gesetzt hat, wird sich nun der Ständige Ausschuss für
die Lebensmittelkette und Tiergesundheit damit befassen (PAFF-Committee; Standing Committee on plants, animals, food and feed). Er wird die
Begründung und die vorliegenden wissenschaftlichen Erkenntnisse prüfen und dann der Europäischen Kommission eine Empfehlung
geben.
Zwei Wege sind denkbar:
a) Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler halten die Begründung für stichhaltig, teilen also die Zweifel an der Sicherheit
des Zusatzstoffes. Dann muss die Kommission die Zulassung für ganz Europa verändern. Das kann von der Einschränkung der
Einsatzgebiete bis hin zum völligen Verbot reichen.
b) Die Fachleute des Ständigen Ausschusses halten die Zweifel Frankreichs für unbegründet, die Sicherheit des Zusatzstoffes
für ausreichend belegt und die Zulassungsbedingungen für angemessen. Dann muss Frankreich sein Verbot wieder aufheben. Das
aktuelle Verbot ist auf höchstens ein Jahr begrenzt.
Das ist unklar.
Frankreichs Gesundheitsbehörde hat dargelegt, dass sie die Sicherheit von Titandioxid als weißen Lebensmittelfarbstoff für
nicht ausreichend erwiesen erachtet und vor allem wegen der Nanopartikel darin Risiken für die menschliche Gesundheit sieht. Der
Zusatzstoff soll daher ab dem 01.01.2020 in Frankreich verboten sein. Das würde bedeuten, dass französische
Lebensmittelhersteller in Frankreich den Farbstoff nicht mehr einsetzen dürften. Französische Produkte in deutschen
Supermärkten wären dann also ebenfalls ohne Titandioxid.
Unklar ist aber, ob bereits produzierte Ware (zum Beispiel bunte Schokolinsen und Kaugummi) in Frankreich noch abverkauft werden
könnte und wenn ja wie lange. Offen ist auch, wie mit Produkten aus dem Europäischen Ausland zu verfahren wäre. Da das
Verbot des Farbstoffs zunächst nur für Frankreich gilt, bleibt sein Einsatz in allen anderen Staaten weiter legal. Der
Europäische Binnenmarkt garantiert aber, dass Produkte, die in einem Mitgliedstaat rechtmäßig hergestellt wurden,
überall in der EU angeboten werden dürfen – also auch in Frankreich. Wie Frankreich dieses Dilemma lösen will und
kann, ist bislang unklar.
Nein. Frankreich hat sein Verbot bisher ausschließlich für den Lebensmittelfarbstoff E 171 ausgesprochen. Hintergrund sind die
Bedenken bei Aufnahme über den Mund (oral).
Wollte man den Farbstoff auch für kosmetische Mittel verbieten – zum Beispiel für Zahnpasta - so müsste dies im
Rahmen des Kosmetik-Rechts erfolgen (Artikel 27 der (EG) Nr. 1223/2009). Die dafür nötigen Schritte hat Frankreichs
Gesundheitsministerium aber nicht eingeleitet.
Doch, das wurden sie.
Die Untersuchungen, auf die sich die französische Gesundheitsbehörde bezieht, sind aus den Jahren 2016 und 2017. Die
Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA), die für die Bewertung und Zulassung von Zusatzstoffen
verantwortlich ist, hat diese Forschungsergebnisse durchaus in Erwägung
gezogen.
Tatsächlich hatten Untersuchungen Hinweis auf Zellveränderungen bei Mäusen, Abweichungen in der Entwicklung von wirbellosen
Tieren gezeigt sowie im In-vitro-Versuch gentoxische Effekte durch oxidativen Stress. Eine Untersuchung hatte Hinweise auf eine
möglicherweise krebserregende Wirkung an Ratten gezeigt und entsprechend Aufsehen erregt. Sie erwies sich jedoch als zu wenig
aussagestark, der Zusammenhang zwischen möglicher Ursache und möglicher Wirkung konnte nicht gut genug belegt werden. Zudem hatte
keine andere Untersuchung diese Ergebnisse gebracht oder bestätigt. Auch die anderen Erkenntnisse reichten für die EFSA nach
derzeitigem Stand der Bewertung nicht aus, um die Zulassung von Titandioxid als Lebensmittelzusatzstoff in Frage zu stellen.
Zu diesem Schluss kommt die EFSA auch in ihrer jüngsten Stellungnahme. Auf Ersuchen der EU-Kommission hatte sie die Begründung
der französischen Gesundheitsbehörde (ANSES) dahingehend bewertet, ob sie tatsächlich Anlass gibt, die Bewertung von
Titandioxid E 171 zu verändern. In dem Anfang
Mai 2019 veröffentlichten Dokument weist die oberste europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit darauf hin,
dass die ANSES in ihrer Begründung lediglich ihre früheren Bedenken wiederholt und auf bekannte Daten-Lücken hingewiesen
habe. Die EFSA bekräftigt ihre Einschätzung, dass Frankreich keine Erkenntnisse präsentiert habe, die gewichtig genug
wären, um die Bewertungen (und Zulassungsbestimmungen) aus den Jahren 2016 und 2018 in Frage zu stellen. Zu der Forderung der ANSES,
die mögliche Gentoxizität von E 171 in vivo zu ermitteln, weist die EFSA darauf hin, dass derzeit Arbeiten
laufen, um die konkreten chemischen und physikalischen Eigenschaften des weit verbreiteten Zusatzstoffes genauer zu ermitteln. Sie
empfiehlt, zunächst diese Ergebnisse abzuwarten und die Frage nach der Gentoxizität gegebenenfalls auf dieser Grundlage erneut zu
prüfen.
Lebensmittelzusatzstoffe werden europaweit zugelassen. Die Bewertung und Zulassung obliegt der Europäischen Behörde für
Lebensmittelsicherheit (EFSA). Im Rahmen des Zulassungsverfahrens legt sie auch fest, wie die Stoffe jeweils beschaffen sein müssen
(Spezifikation) sowie in welchen Produktgruppen und in welchen Mengen sie jeweils eingesetzt werden dürfen. Innerhalb dieser Regeln
(festgeschrieben in der VO (EG) Nr. 1333/2008) dürfen Lebensmittelzusatzstoffe in allen Mitgliedstaaten eingesetzt werden. Frankreichs
Maßnahme kann sich daher zunächst nur auf die Hersteller in Frankreich beziehen.
Nein.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hat Titandioxid zuletzt im Jahr 2016 unverändert als
sicher eingestuft. Im Jahr 2018 prüfte sie, ob neuere Studienergebnisse Anlass geben, den Stoff neu zu bewerten. Die
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verneinten das.
Auch die Ausführungen der französischen Gesundheitsbehörde (ANSES) vom April 2019 wurden einer eingehenden Prüfung
unterzogen. In ihrer Stellungnahme
vom Mai 2019 bekräftigt die EFSA ihre Einschätzung: Die oberste europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit
weist darin darauf hin, dass die ANSES in ihrer Begründung lediglich ihre früheren Bedenken wiederholt und auf bekannte
Daten-Lücken hingewiesen habe. Zu der Forderung der ANSES, die mögliche Gentoxizität von E 171 in vivo zu ermitteln, weist die EFSA darauf hin, dass derzeit Arbeiten laufen, um
die konkreten chemischen und physikalischen Eigenschaften des weit verbreiteten Zusatzstoffes genauer zu ermitteln. Sie empfiehlt,
zunächst diese Ergebnisse abzuwarten und die Frage nach der Gentoxizität gegebenenfalls auf dieser Grundlage erneut zu
prüfen.
Die deutschen Behörden erkennen diese Entscheidung an. Das Bundesamt für Risikobewertung (BfR) hat bisher keine Zweifel an dieser
Bewertung geäußert, das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft sieht ebenfalls keinen Handlungsbedarf. Doch
für immer abgeschlossen ist dieser Fall nicht. Wie die EFSA wird sich auch das BfR
weiterhin wissenschaftlich mit Titandioxid befassen. Vor allem die Daten zur Reproduktionstoxizität (Effekte auf die
Fortpflanzung), die derzeit in einer Studie untersucht werden, werden intensiv zu prüfen sein.
Als weißer Farbstoff mit der Nummer E 171 ist Titandioxid seit vielen Jahren für Lebensmittel zugelassen. Er wird nur in wenigen
Produktgruppen eingesetzt, betrifft dort aber viele Einzelprodukte. Verbraucherinnen und Verbraucher begegnen ihm im Alltag also
vielfach.
Der Farbstoff kommt vor allem in Süßwaren, Backwaren und Backartikeln zum Einsatz. Bei bunten Dragees färbt Titandioxid die
weiße Zuckerschicht, auf die dann die verschiedenen Farbtöne aufgebracht werden. Ein Blick in die Zutatenliste lohnt sich also
unter anderem für: Bunte Schokolinsen und Dragees, Kaugummis, Back-Dekor, bunte Zuckerperlen, Rollfondant, Gebäck mit weißer
Glasur oder weißer Füllung.
Titandioxid darf außerdem in vegetarischem Kaviar (Fischrogen-Imitate auf Basis von Algen), Fisch- und Krebstierpaste, verarbeitete
Krebstiere und Räucherfisch-Produkten eingesetzt werden. Ob die Hersteller tatsächlich davon Gebrauch machen, steht in der
Zutatenliste. Dort ist Titandioxid wie folgt aufgeführt: „Farbstoff Titandioxid“ oder „Farbstoff E 171“.
Weil es derzeit keine Hinweise auf gesundheitliche Risiken gibt, ist Titandioxid für Lebensmittel „quantum satis“
zugelassen. Die Formulierung beschreibt den Grundsatz „so viel wie nötig, so wenig wie möglich“.
Nicht nach den bisher geltenden Regeln. In ihrer Stellungnahme
aus dem Jahr 2016 kam die EFSA zu dem Schluss, Titandioxid sei kein Nanomaterial im Sinne der derzeit geltenden Definition, weil nur
etwa 3 % der enthaltenen Teilchen kleiner als 100 nm seien. Dieser Anteil sei ein Ergebnis des Mahlprozesses und nicht absichtlich
herbeigeführt.
Die EFSA empfahl allerdings, die Partikelgröße als Teil der Zulassungsbedingungen in die Spezifikation aufzunehmen. Diese
Empfehlung teilt auch die französische Gesundheitsbehörde. Sie fordert, E 171 physikalisch und chemisch eindeutig zu beschreiben,
damit klar wird, was genau eigentlich auf dem Markt ist und eingesetzt wird.
Im Juli 2019 legte die EFSA einen solchen Vorschlag zur Spezifikation vor. Darin wird die Partikelgröße von E 171 auf
größer als 100 nm festgelegt. Zugleich sollen weniger als 50 % der Partikel kleiner als 100 nm sein. An diese Spezifikation
wäre jeder Hersteller gebunden. Zugleich wäre damit klar gestellt, dass Titandioxid E 171 nicht als Nanomaterial gekennzeichnet
werden muss.
Unabhängig von der Nano-Frage bemängelt die EFSA nach wie vor, dass Daten zu möglichen Effekten von E 171 auf die
Fortpflanzung fehlten. Weil diese nötig sind, um einen belastbaren ADI (akzeptable Tagesdosis) ermitteln zu können, empfahl die
oberste Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit, entsprechende Studien durchzuführen und die Daten zu ermitteln.
In beiden Fällen ist nun die Lebensmittelindustrie gefordert, die nötigen Daten zu liefern. Eine Untersuchung zur
Reproduktionstoxizität wird derzeit durchgeführt, und auch die anderen Daten liegen noch nicht vor.
Ja.
Ob ein Lebensmittel den Farbstoff Titandioxid enthält, steht in seiner Zutatenliste. „Farbstoff E 171“ steht dann dort,
oder „Farbstoff Titandioxid“. Beides ist zulässig.
Der weiße Farbstoff kommt vor allem in Süßwaren, Backwaren und Backartikeln zum Einsatz. Bei bunten Dragees färbt
Titandioxid die weiße Zuckerschicht, auf die dann die verschiedenen Farbtöne aufgebracht werden. Ein Blick in die Zutatenliste
lohnt sich also unter anderem für: Bunte Schokolinsen, bunte Dragees, Kaugummis, bunte Zuckerperlen, Rollfondants, Gebäck mit
weißer Glasur oder weißer Füllung.
Titandioxid darf außerdem in vegetarischem Kaviar (Fischrogen-Imitate auf Basis von Algen), Fisch- und Krebstierpaste, verarbeitete
Krebstiere und Räucherfisch-Produkten eingesetzt werden. Ob die Hersteller tatsächlich davon Gebrauch machen, steht in der
Zutatenliste.
Auch auf Zahnpasta finden Sie Titandioxid in der Liste der Inhaltsstoffe. Es ist dort als „TITANIUM DIOXIDE“ aufgeführt,
bzw. als Farbstoff mit seiner CI-Nummer: CI 77891. In Make-up, Lidschatten und Sonnencremes kann ebenfalls Titandioxid enthalten sein
– allerdings werden diese Produkte nicht über den Mund aufgenommen.
Die politischen Entscheidungen (nicht nur) im Zusatzstoffrecht sind sehr weitreichend. Sie haben Auswirkungen auf den Schutz der
Gesundheit, auf den Schutz vor Täuschung aber auch auf Herstellungsprozesse und Handel. Daher sollte ihre wissenschaftliche Grundlage
sehr belastbar sein. Zur Risikobewertung gehört daher immer auch, die vorliegenden Untersuchungen und ihre Schlussfolgerungen zu
bewerten. Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen, die diese Bewertungen vornehmen, bewerten daher zunächst die Qualität der
Studien an sich. Sie fragen beispielsweise: War die Methodik geeignet, die Frage zu beantworten? Wurde wirklich gemessen, was man messen
wollte? Sind die Ergebnisse aussagestark? Würden andere Wissenschaftler bei gleichem Versuchsaufbau die gleichen Ergebnisse erhalten?
Welches Material wurde eingesetzt? Mit welchen Dosierungen wurde gearbeitet? Wurde ein No-Effekt-Level ermittelt? Was sagen die Ergebnisse
tatsächlich aus? Dabei zeigt sich, dass nicht jede Studie wissenschaftlich gut gemacht, nicht jedes Ergebnis belastbar oder
aussagekräftig ist.
Ein Beispiel: Im Jahr 2017 sorgte eine Schweizer Studie für Schlagzeilen, nach der Titandioxid bestehende entzündliche
Darm-Erkrankungen verschlimmern könnte. In den Tierversuchen dieser Studie wurde jedoch nicht mit dem Titandioxid gearbeitet, das
für Lebensmittel zugelassen ist. Die Ergebnisse sind damit für diese Fragestellung unbrauchbar.
Im Jahr 2018 bewertete die EFSA vier neuere Untersuchungen zu E 171 systematisch und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die dort
veröffentlichten Ergebnisse nicht ausreichend gewichtig sind, um die Bewertung grundsätzlich in Frage zu stellen. Eine der dabei
geprüften Studien war jene aus dem Jahr 2016, die den Verdacht begründet hatte, Titandioxid-Nanopartikel könnten
krebserregend sein. Auch sie erwies sich bei der Überprüfung als wenig aussagekräftig. So konnte unter anderem nicht
ermittelt werden, ob die Titandioxid-Partikel oder die Substanz für ihre Ummantelung die beobachteten Reaktionen hervorgerufen hatten.
Die beobachteten Effekte waren zudem minimal und in anderen, ähnlichen Untersuchungen nicht aufgetreten. Dass die Versuchstiere den
Zusatzstoff direkt ins Maul oder in Wasser verteilt erhalten hatten, wurde darüber hinaus als zu wenig repräsentativ für die
tatsächlichen Gegebenheiten angesehen. (Evaluation of four new studies on the potential toxicity of titanium dioxide used as a food
additive (E 171); EFSA
Journal 2018;16(7):5366).

* Auch andere Lebensmittelzusatzstoffe, können Nanopartikel enthalten. Was die Bewertung bisher ergab, finden Sie hier.
* Was belastbare Studien von weniger guten unterscheidet, erläutert der Toxikologe Harald Krug im Interview: Gute Toxikologie braucht Selbstkritik.
* Dr. Ralf Greiner vom Max-Rubner-Institut meint "Die gesetzliche Regelung bietet viel Raum für Interpretationen.“ und beschreibt im Interview, welche Folgen das hat.
Neubewertung der EFSA von Mai 2021
In der Zwischenzeit haben sich die Erkenntnisse geändert. Bei ihrer umfangreichen Analyse von aktuellen Daten stellte die EFSA fest, dass Titandioxid Schädigungen am Erbgut auslösen kann. Für diese Wirkungen konnte kein Schwellenwert festgelegt werden, auch hinsichtlich der Partikelgröße nicht.
Daher lautet die Schlussfolgerung des Gremiums, dass erbgutschädigende Wirkungen von E 171 nicht vollständig ausgeschlossen werden können und sein Einsatz als Lebensmittelzusatzstoff somit als nicht mehr sicher anzusehen ist.
Bei der Bewertung wurde berücksichtigt, dass E 171 Nanopartikel enthält. Sie sind in der Mehrzahl unter 100, aber über 30 Nanometer groß. Insgesamt liegt der Anteil an Partikeln, die kleiner als 100 Nanometer sind, jedoch unter 50 Prozent. Daher gilt Titandioxid bisher nicht als Nanomaterial im rechtlichen Sinne.
Nun wird die EU-Kommission entscheiden, ob der Zusatzstoff weiterhin zugelassen bleibt oder verboten wird.
Mehr zu der Stellungnahme der EFSA erfahren Sie in diesem Beitrag.